
Am Anfang war Kehricht
Zu Beginn des Jubiläumsjahres 2025 blickt C.HAFNER zurück auf die Anfänge. Die Spurensuche führt 175 Jahre in die Vergangenheit, als es an die Türen der Bijouteriefabriken der Stadt Pforzheim klopft. Es gilt zu bewahren, was dort nicht mehr gebraucht wird. Gelb glitzernder Staub, Produktionsabfälle, kurz: Kehricht und Scheidgut aus Gold.

Die Pferde sind angespannt, der Wagen steht bereit. Sie kann losgehen, die Fahrt durch die „Goldstadt“. Die Mitarbeitenden der Kehretsanstalt klopfen an die Türen der Pforzheimer Schmuckwerkstätten und Bijouteriefabriken.
Gekommen sind sie, um Abfälle einzusammeln. Ein Müllservice im 19. Jahrhundert? Mitnichten. Dieser Kehricht ist ein kostbarer Rohstoff. Die Mitarbeitenden – für das gründliche Sammeln ausgerüstet mit Besen, Schaufel und Eimer – wissen um seinen Wert. Deshalb behandeln sie ihn besonders sorgfältig. Kein Span, kein Staubkörnchen soll verloren gehen. Damit daraus wieder etwas Hochwertiges und Einzigartiges entstehen kann.
Der Kehricht steht also am Anfang. Ohne ihn gäbe es C.HAFNER nicht. Auch wenn die Vermutung nahe liegt: Kehren ist nicht die Aufgabe der Kehrets- und Scheideanstalt. Vielmehr verarbeitet sie das, was beim Schmieden, Feilen, Schmelzen, Gießen und Gravieren übrigbleibt und von anderen zusammengekehrt wird. Den wertvollen Edelmetallabfall aufzubereiten, damit neuer Schmuck oder andere Dinge daraus entstehen können – das ist die Aufgabe von C.HAFNER.
Ursprünge in der Schmuckindustrie
Dass überhaupt Edelmetall-Kehricht eingesammelt werden kann, liegt an Pforzheim. Oder konkreter: an der hiesigen Schmuckindustrie. Vom damaligen Markgrafen Karl Friedrich von Baden im Rahmen eines Edikts 1767 ins Leben gerufen, gewinnt die Schmuckbranche in Pforzheim rasch an Bedeutung. Bereits um 1800 ist die „Goldstadt“ eines der wichtigsten Zentren der Schmuckindustrie weltweit. Anfang des 19. Jahrhunderts entstehen hier zahlreiche große und kleine Bijouteriefabriken.
Eine solche Fabrik betreibt ein gewisser Johann Gesell ab 1831 in der Sophienstraße (heute: Östliche Karl-Friedrich-Straße). Dieser Fabrik wird 1850 eine „Abteilung für Kehretspräparation“ angliedert, die nicht nur den Edelmetallabfall der eigenen Bijouterie, sondern auch jenen anderer Schmuckbetriebe verarbeitet.
Der Vetter aus Nürnberg
Die Entstehung dieser Kehretsabteilung im Gesellschen Betrieb ist die Initialzündung von C.HAFNER, der Gründungsmoment. An dieser Stelle der Geschichte tritt eine für das Unternehmen sehr wichtige Person in Erscheinung: Carl Hafner. Der Vetter Johann Gesells kommt Anfang der 1850er-Jahre aus Nürnberg nach Pforzheim und wird nach wenigen Jahren Teilhaber des Bijouterie- und Kehretsunternehmens.


Eine weitere wegweisende Entscheidung fällt 1869 mit der Trennung von Bijouteriefabrik und Kehretsanstalt. Carl Hafner führt letztere unter seinem eigenen – und heutigen – Namen weiter: C. Hafner. Rückblickend hat er mit der Spezialisierung den richtigen unternehmerischen Riecher. Johann Gesell und seine Söhne hingegen wenden sich mit der Bijouteriefabrik vom Goldgeschäft ab und betreiben fortan einen Edelsteinhandel.
Kreislaufwirtschaft seit 175 Jahren
Soweit die überlieferte Geschichte. Doch was passiert mit dem Edelmetall-Kehricht, der in Pforzheim eingesammelt wird? Eine Scheideanstalt macht schon damals genau das, was ihr Name andeutet: scheiden. Die Edelmetalle werden durch Schmelzen und Veraschen von Verunreinigungen befreit und durch chemische Verfahren von anderen Edelmetallen getrennt. So entsteht aus Abfall hochwertiges, reines Edelmetall. Dieser Recyclingprozess kann unzählige Male wiederholt werden – eine echte Kreislaufwirtschaft entsteht, die nichts von dem wertvollen Rohstoff verloren gibt. Das Bewusstsein für den Wert der Materialen und der achtsame Umgang damit ist seit den Anfängen tief im Unternehmen verwurzelt. Während es im ausgehenden 19. Jahrhundert Edelmetalle als Gusslegierungen fast ausschließlich für die Schmuckindustrie liefert, wird später auch Halbzeug wie Blech, Draht und Rohre produziert – für Kunden aus verschiedensten Branchen und Industrien. Mit Dentallegierungen kommen ab Ende der 1920er-Jahre weitere wichtige Produkte hinzu.

Ein echter Handwerksbetrieb
Wie das Unternehmen in frühen Jahren aussieht, lässt eine Übersicht vom November 1875 erahnen. In dem Dokument über den „Gewerbe Betrieb“ wird als Gewerbetreibender und Inhaber der „Etwaige[n] Firma C Hafner“ Carl Hafner ausgewiesen. Die Art des Gewerbebetriebs: „Kehretsfabrik“. Außer dem Inhaber sind 3 „kaufmännische und technische Angestellte“ sowie 8 weitere männliche und 5 weibliche Personen in dem Betrieb tätig – insgesamt 17 Personen. Das aufgeführte Inventar lässt das Bild eines echten Handwerksbetriebs entstehen: 1 Dampfkessel, 1 Dampfmaschine mit 6 Pferdestärken, 1 Poch- oder Stampfwerk, 2 Kollerwerke, 4 Brennöfen für Krätze, 1 Zentrifuge, 3 Tiegelöfen, 1 Bohrmaschine, 2 Waschmaschinen. Nicht überliefert ist, was die konkreten Aufgaben der einzelnen Angestellten sind – und wie viele von ihnen auf Sammelfahrt gehen.
C.HAFNER hat sich seit seinen Anfängen stark weiterentwickelt. Das Einsammeln von Kehricht und Scheidgut übernehmen heute andere. Im Gegenzug sind viele weitere Unternehmenszweige und neue Technologien hinzugekommen. Doch einiges ist gleichgeblieben: Edelmetall-Recycling ist und bleibt das Kerngeschäft von C.HAFNER. Die Arbeit des Unternehmens ist geprägt vom respektvollen Umgang mit den wertvollen Rohstoffen. Dies manifestiert sich sich im achtsamen Handeln jedes Mitarbeiters und jeder Mitarbeiterin und in der Sorgfalt bei jedem Arbeitsschritt – von der Verarbeitung der geborgenen Materialien bis zum Vertrieb der hochwertigen Produkte.
